Gerd Meuer mit Nobelpreisträger Wole Soyinka
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Wie wir in Kamerun die National-Hymne retteten...


       1986  kommt der quirlige Joachim Helbig vom Goethe-Institut Yaoundé  auf die  Idee, daß wir im Rahmen der Entwicklungshilfe mit Geld aus dem Topf des Pressereferenten der Botschaft ja auch einmal  etwas für  die armen anglophonen Kameruner im westlichen Teil des Landes  tun könnten. Zusammen mit dem Techniker-Kollegen Fred Morré von  der  Deutschen  Welle reisen wir also nach Bamenda zur dortigen Lokalstation,  wo wir einen Doppelkurs in „Feature-cum-Landfunk“ fahren sollen.
     Wir  bekommen erst einmal zwei kamerunische Kollegen zugeteilt, die  uns auf  eine mehrwöchige Reise zusammen mit zwei  Ochsenanspannungsexperten von  der  GTZ  begleiten sollen. Die sind zwar noch nie  in der Region herumgekommen,  bestehen aber erst einmal auf der Auszahlung von Tagegeld.  Auf dem Acker angekommen, wo es ein wenig nieselt, lehnen sie es zunächst ab,  den klimatisierten Geländewagen zu verlassen: die ihren Luxusschuhen geltenden Bedenken ließen sich dann doch mit etwas Nachdruck zerstreuen –  Vom  Lande zurückgekehrt, entdecken wir einen maroden Rundfunk  mit  zwei sündhaft  teuren französischen Tonbandmaschinen, die es nicht tun, weil state-of-the art nur in Frankreich repariert werden können. Diese Reparatur aber scheitert schon daran, daß der Lokalsender nicht einmal genügend Geld in der Portokasse hat, um die schwere Tonbandmaschinen nach Frankreich zu fliegen. Eine Lösung aber muß rasch her, weil die Bandanfänge bereits mächtig angefressen sind. Vor allem das Band mit der  kamerunischen National-Hymne,  dieweil das Vorlaufband schon seit langem abhanden gekommen ist. Wir  müssen also schnellstens etwas für die Rettung der National-Hymne  - wie so viele andere in Afrika vermutlich von einem Missionar geschrieben - tun. Die Lösung ist einfach, zudem lokal  "angepaßt". Fred und ich ziehen zur Hauptstraße von Bamenda. Dort verkaufen geschäftstüchtige Bamilekes japanische  Doppel-Cassettenspieler gleich aus dem  See-Container. Wir erwerben gleich mehrere, dazu Strippen, Stecker, Kontakte, massig Cassetten und zurück in den Sender. Fred  läßt sich die Bänder mit Hymne und Erkennungsmusiken aushändigen, mißt deren Länge. Dann befiehlt er seinen Schülern die neuen Cassetten aufzuschrauben,  das Band bis auf die benötigte Länge wegzuwerfen und wieder zuzuschrauben. Wegwerfen  warum? Damit diese Cassetten nur für diesen Zweck  verwendbar sind, die Cassetten nicht etwa für das Aufspielen von Musik verwendet werden - und dann wäre die Hymne futsch! Und dann wurde stundenlang von Band auf Cassette kopiert,  beschriftet. Der Cassettenrekorder  wurde mittels Strippe ans Studomischpult angeschlossen und so konnte Radio Bamenda ab sofort wieder die Hymne in voller Länge senden.
    Freddie aber mußte diese "angepaßte Lösung" teuer teuer bezahlen. Als wir nämlich von einer Reise ins Hinterland zurückkamen, fanden wir ihn völlig erledigt, um nicht zu sagen betrunken, in seinem Zimmer in der gastgebenden protestantischen Mission vor. Der Rundfunkdirektor, zugleich Révérend Père, hatte ihn zum Dank einen ganzen Mittag lang mit Bier abgefüllt.