Gerd Meuer mit Nobelpreisträger Wole Soyinka
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Bananenrepublik Deutschland in Afrika


     Wie war das noch? Über die Jahrzehnte überfielen einen bei jeder nur denkbaren Gelegenheit deutsche Partygäste oder Biertrinker mit ihren kenntnisreichen Ausfällen über die ‚korrupten Afrikaner‘. Gewiss doch: vor allem Nigeria war und ist durch und durch korrupt, aber... wie stand das eigentlich mit den Deutschen in Afrika? Hatten die sich da einfach infiziert?

     Das begann bereits in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre in Mali. Dort gab es eine größere Truppe Mechaniker, die die der Regierung geschenkten Krupp-LkW warteten. Quasi als Nebenbeschäftigung orderten die alle drei Monate gleich einen ganzen Waggon Whiskey und anderes Hochprozentiges billigst, weil steuerfrei, im Hamburger Freihafen, und ließe diese wertvolle Ware per Bahn vom
fernen Dakar bis nach Bamako. Hiervon floss wohl so mancher Liter in deutsche Kehlen, doch so manches Dutzend billigster Flaschen wurde im islamischen und sozialistischen Mali – weil Mangelware - teuer verhökert, bis der Handel schließlich aufflog.

    Noch doller trieben‘s einige Mitarbeiter der Baufirma B und B in Nigeria. Weil die Baustellen so riesig und die nigerianischen Lieferanten so zahlreich waren, begannen irgendwann einige deutsche Baustellenleute auch zu maggeln. Nein, die verkauften nichts aus dem Hamburger Freihafen, die schrieben einfach ein paar hundert Lieferungen Kies etc. mehr auf als auf die Baustelle geliefert und ließen sich das von den Nigerianern bar ausbezahlen. Irgendwann flog der Handel auf, und eines Nachts wurden gleich mehrere Dutzend Deutsche stantepede ausgeflogen. Zuvor war ihnen deutlich gemacht worden: „Entweder Sie ersetzen den Schaden in Deutschland oder Sie werden angezeigt.“ 
     Ebenfalls in Lagos ließen sich gewisse Händel im Umfeld der deutschen Botschaft beobachten. Da entließ kurz vor seiner Versetzung in ein anderes Land ein deutscher Attaché nicht nur seinen Nachtwächter sondern gab auch seinen Wachhund weiter, und dann wurde prompt bei ihm eingebrochen. „Meiner Frau wurde der gesamte Schmuck gestohlen!“ Die Versicherung aber wollte einfach nicht glauben, daß die gute Frau ihren Schmuck in eine Holzkiste für den Seetransport gesteckt hatte. Der Mann mußte ganz rasch beigeben, und er tat es auch, verließ den ‚Dienst‘! 

     Der deutsche Konsularbeamte aber tat es offensichtlich nicht, und seine ‚Freunde’ verfolgten ihn an seinem neuen Dienstort. In dessen Dienstvilla war alle drei Monate zu beobachten, wie dort ein mächtiger Container voller Suff und anderer Kostbarkeiten aus Bremen vor die Türe gestellt wurde. Dann gab es über mehrere Tage nicht nur Feten sondern auch die Anfahrt mächtiger Limousinen mit Libanesen am Steuer, die wenig später mit durchhängenden Stoßdämpfern davonfuhren...

     Wenige Monate später meldeten die Agenturen dann, daß „ein Konsularbeamter der deutschen Botschaft in Paris nächtens auf dem Pont-Neuf erschossen worden“ sei. Der Mann war kurz zuvor von Lagos nach Paris versetzt worden, wo ihn seine ‚Freunde aus Nigeria‘ wohl auftaten... 
     Freundschaften aus den Tropen halten häufig lange, gefördert von der Nostalgie nach den ‚tristes tropiques‘, und da wird also hinter alten Freunden her-telefoniert. So tat es auch eine ‚alte Nigerianerin‘, die eine andere  ‚Nigerianerin‘ anrief, (also zwei deutsche Damen, die mal in Nigeria gelebt hatten), und ihr Telefonat mit ‚einem Gruß an den Gatten‘ beendete. Darauf vom anderen Ende die leicht belustigte Frage der Gattin: „Was, Sie wissen das nicht? Der hat sich doch umgebracht...“ Erstaunen am anderen Ende und dann die Erklärung, daß der langjährige Vertreter der grossen europäischen Institution in Nigeria nicht nur einen Reiseführer geschrieben sondern auch bei jeder nur denkbaren Gelegenheit die Spielhöllen besucht und alles verspielt hatte.

     Dessen Kollegin in der Elfenbeinküste entdeckte gleich bei ihrem Dienstantritt, daß in den Tagen ihres Vorgängers Millionen Dollar für eine Impfkampagne verschwunden … worden waren...

     Und eines Tages erreicht mich in meinem Büro in der Deutschen Welle in Köln der Anruf einer großen deutschen Versicherung: ich sei doch Nigeriaexperte, ob ich mal ne Auskunft geben könnte. Sicher doch, worum geht es denn? Nun, wir haben da den Fall eines etwas älteren Schiffes, das vor dem nigerianischen Hafen Port Harcourt havariert ist, und wir denken uns, daß da so ein mittlerer Versicherungsbetrug vorgenommen worden sein könnte...
Ich: „Ich war zwar nicht dabei, aber könnte schon sein, denn in Zeiten als bei der Zementschwemme vor Lagos 472 Schiffe vor der Küste lagen, da hat auch schon mal ein griechischer Captain seinen Seelenverkäufer Vollgas auf den Strand gesetzt.“

     Ach ja, und da gab es dann auch noch die ‚Goethe-Freundschaft‘ Im äthiopischen Addis Abeba. Kaum als ‚mitausreisender Ehemann’ dort angekommen, wurde ich von den lokalen Mitarbeitern wie auch von Kollegen vom
Rundfunk immer wieder angemacht, ob ich nicht ‚helfen‘ könne. Dazu muß man wissen, daß es in der äthiopischen Mittelschicht zum guten (Protz)-Ton gehörte, bei jeder nur denkbaren Feierlichkeit möglichst viele Flaschen Johnny Walker Red auf den Tisch zu stellen. Die sollte ich – obwohl nur ‚mitausreisender Ehemann‘ - nun wie voraufgegangene Goethechefs regelmäßig liefern. Nein, nicht unbedingt
geschenkt, man kam auch gleich mit Dollars in bar an. Ob dich denn nicht im Umzugsgepäck so etliche Dutzend Flaschen mitgebracht hätte? Hatte ich nicht. Nun, dann könne ich das ja im Diplomatenshop am Flughafen  erwerben, „zur Pflege der deutsch-äthopischen Freundschaft“.
Es wurde nichts mit der Freundschaft, auch dieser nicht!

 

PS 2007

Und 2007 kam dann endlich heraus, was wir doch in Nigeria schon immer gewusst hatten, dass nämlich SIEMENS die Militärregime eins nach dem anderen geschmiert hatte… so wie jede andere im Lande engagierte Großfirma auch!