Gerd Meuer mit Nobelpreisträger Wole Soyinka
   |||  Kontakt | Impressum    

„Hier spricht man Deutsch“

      Wer einmal die Geschichte der „deutsch-afrikanischen Beziehungen“ schreiben möchte, der wird den besonderen polizeilichen und geheimdienstlichen Beziehungen zwischen den beiden Deutschlands und den afrikanischen Regimen ein besonderes Kapitel widmen müssen.

     Dass der Geheimdienst in der ehemals deutschen Kolonie  Kamerun  deutsch sprach,  war kaum verwunderlich: da hatte das BKA vermutlich  im  Rahmen der Entwicklungshilfe  einige Jahrzehnte später wegen der „besonderen historischen Beziehungen“ freundschaftlich nachgeholfen. Doch auch an anderen, kaum vermuteten Orten sprachen die Geheimdienstler die  Sprache Goethens - oder sollte man besser sagen - die Gehlens und von Markus Wolf?

     Beispiel Algerien 1969 und das ‚Panafrikanische Kulturfestival’, das ich zusammen mit dem Afrikanisten Janheinz Jahn besuchte. Im Nobel-Hotel  ‚Aletti’ fielen  uns  immer wieder die in teure italienische  Anzüge  gekleideten jungen, unauffälligen Herren auf. Die  konnten bei uns Kultur-Hubern zwar nichts von  Interesse  erfahren, saßen  aber ewig unauffällig-lästig an Nachbartischen herum. Eines Tages griffen Janheinz und ich ohne vorherige Absprache zu einer simplen aber höchst effektiven List: so laut wie nur irgend möglich unterhielten wir uns über  ‚unauffällige,  teuer  gekleidete Geheimdienstler,  die sicher auch deutsch verstehen.’ Der Macho am Nebentisch ließ  sein Bier stehen und verschwand sofort. 
     19  Jahre später haben Christine und ich das Spiel in Kenya  wiederholt.    Da  saß  doch  einer dieser ewig in  billige  blaue  Müller-Wipperfürth-Anzüge  gekleideten, anders als ihre algerischen Counterparts eher tumb-bäuerliche Geheimdienstler herum, bis es uns lästig wurde. Auf Augenkontakt begannen wir uns lauthals über die unauffälligen Geheimdienstler zu enthalten. Der Mann ließ  sein Wässerchen – anders als sein Kollege in Algerien konnte er sich keinen Rouge leisten - stehen und verduftete.

     Aber auch im anglophonen Nigeria machte ich die Bekanntschaft mit der ‚Entwicklungshilfe’ des BKA. Über Monate wurde ich immer wieder, ob am Flughafen oder an einer der Landgrenzen zu Benin oder dem Tschad ‚aufgegriffen’ und ins Hauptquartier des Geheimdienstes gebeten – nie wurde mir genau gesagt warum. 

     Als es mir dann – kölsch gesagt – zu ‚doll’ wurde, bestand ich darauf, den Chef persönlich zu sprechen. Als ich den dann wirklich zu sprechen bekam, entpuppte sich der als der ehemalige nigerianische Botschafter in der damaligen Hauptstadt Bonn. Alhadji Shinkafi begrüsste mich als ‚alten Bekannten aus meinen Bonner Tagen’. Und als ich mich bei dem über die andauernden Festnahmen beschwerte, sagte der doch tatsächlich:

     „Mr. Meuier, you have to understand one thing: this is what you get when you marry German know-how with Nigerian efficiency!“ Also: das kommt dabei heraus, wenn Sie deutsches know-how mit nigerianischer Effizienz vermählen. „Ihr deutsches BKA hat uns die software für die Kontrol,len an unseren Grenzen geliefert. Meinen Leuten wurde ja gesagt, die sollten sie aus dem System rausschmeissen, aber die schaffen das einfach nicht. Wenn Sie das nächste Mal, wie so oft, in die Nachbarländer reisen, dann kommen Sie doch vorher bei uns vorbei und dann informieren wir die entweder per Funk unsere Leute da oben an der Grenze zum Tschad oder wir geben Ihnen einen von unseren Leuten mit, wenn Sie gleich nebenan nach Benin reisen.“ 

     So hab ich’s dann gehalten, doch die darauf angesprochene deutsche Botschaft hat offiziell – neudeutsch gesagt -  stets Steinmaier-mäßig geleugnet, dass es diese Form der ‚Entwicklungshilfe’ je gegeben habe. Na, nur offiziell, denn  inoffiziell wurde es dann doch bestätigt. Nein, es war nicht jener hochgestellte Beamte in der Botschaft, der bereits beim Abendessen zugab, dass er, ‚ja doch’, aus Pullach komme.