Gerd Meuer mit Nobelpreisträger Wole Soyinka
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You said “tourism” in Nigeria? Forget it… for a long time to come! 

Geschrieben in Englisch für die Lagoser „Daily Times“ nach einem 10-tägigen Dreh mit Wole Soyinka in Abeokuta, 1999   

      Beginnen wir mit der Sprache, oder, besser, mit einer jener Wendungen, die viele nigerianischen Kollegen – und dies auf höchst inflationäre Weise – hirnlos verwenden, ob sie nun über Landwirtschaft, Menschen oder auch … Tourismus schreiben: da ist stets die Rede von ‘Nigerias unbegrenzten Ressourcen’. Stellen wir das endlich einmal richtig, um diese Wendung dann endgültig aus unserem/eurem Vokabular zu tilgen. Was die bloßen Zahlen angeht, da ist die menschliche Basis Nigerias mit seinen an die 120 Mio. Einwohnern wirklich ‚endlos, unbeschränkt’. Ob dies jedoch eine ‘unbeschränkte Resource’ ist, das ist eine ganz andere Frage, denn das was man wirklich eine – wichtige und wirkliche – Resource für die Entwicklung des Landes nennen könnte, das ist seit Jahren unglücklicher- aber massenweise in die USA und andere Staaten der Ersten Welt ausgewandert. Während gleichzeitig das Erziehungsystem in Nigeria total verrottet ist, was heißt: diese Ressourcen müssen von Grund auf neu entwickelt werden.
     Wenn dem anders wäre, dann hätte sich Nigeria ja längst zu einem afrikanischen Taiwan oder  Singapore entwickelt – ‘no be so?’, wie man im nigerianischen Pidgin-English zu sagen pflegt.’ Kann mir einer sagen, seit wann Nigeria denn Computer, hard-discs, DVDs und alles andere entwickelt oder produziert? 
     Und da ist in Zeitungsartikeln stets die Rede von “Nigerias endlosen landwirtschaftlichen Ressourcen” – endlose Ressourcen? Njet, wie die Russen sagen. Wenn Nigerias es je schaffen sollte, seine danieder liegende Landwirtschaft mal wieder aufzubauen, dann könnte das Land in der Tat in der Lage sein, seine ‘’endlose Bevölkerung ‘ zu ernähren, doch nur dann, wenn die Regierung sich endlich einmal um diese ‘endlose Ressource’ kümmert, und dieses, bitte, PRONTO, denn Bodenerosion, Dürre und weitere Übel suchen diese Landwirtschaft jeden Tag schlimmer heim. 
     Nicht der in Artikeln stets bemühte ‚endlose Himmel’ ist die Begrenzung sondern eben der Boden. Soviel vorab. Und jetzt eben zu diesen angeblich ‚endlose touristischen Ressourcen’ Nigerias. Sind die so? Nein, keineswegs so. Lassen Sie mich deshalb eine jüngste Erfahrung – und dies ist eine, die auf viele frühere seit 30 Jahren folgt… Lassen Sie mich ihnen also eine Erfahrung schildern, die ich in den letzten Wochen durch-lebt, erlitten habe. Und zwar in der regionalen Hauptstadt Abeokuta, Heimatstadt des berühmten Sohnes Wole Soyinka, Afrikas erstem Nobelpreisträger, aber auch von General Olusegun Obasanjo sowie der Familie Ransome-Kuti, aus der der Afrobeat-King Fela Kuti stammte.
     Wir, ein deutsches Fernsehteam mit vier Männern und einer Frau arbeiteten kürzlich zwei Wochen lang in Abeokuta für einen 45-minütigen Film über Abeokutas berühmtesten Sohn, Wole Soyinka, für das deutsche Fernsehen. Zwischen diversen Drehs absentierte sich Wole immer wieder einmal für wichtige Verabredungen, hatte aber dauerhaft ein Zimmer im so genannten „5-Sterne-Hotel“ Gateway gebucht – und prompt wurde er dafür bestraft. Morgens wollte er wie jeder gewöhnliche Sterbliche ein Bad nehmen, doch der Hahn in seinem Zimmer blieb trocken. Da musse der ‚Mann’ erst einmal die Rezeption des Hotels anrufen und um einen Eimer Wasser betteln. Der kam dann auch, wenn auch nach längerem Warten! Es hatte einfach niemand daran gedacht, einen Eimer Wasser morgens vor seinem Zimmer zu deponieren. Hatte das Hotel-Management etwa gefürchtet, jemand könnte den Eimer stehlen? Oder ist dem Management alles egal?
     Da wir – aus kommunistischen Tagen wussten, wie staatliche Hotels funktionieren, glaubten wir uns für die bessere Wahl entschieden zu haben, indem wir fünf Zimmer im Obergeschoß eines kleinen privaten Hotels reserviert hatten. Nennen wir es einfach CHATEAU JOLFA. Und was wünscht sich der Kunde nach einer langen, feucht-schwülen Fahrt durch gleich mehrere Staus aus der Hauptstadt Lagos nach Abeokuta? Der will sich waschen oder sogar eine Dusche nehmen. Ganz gewöhnlich, oder? Und was macht der Kunde, nachdem er sein Zimmer inspiziert hat? Der geht sofort wieder die Treppe runter zur Mini-Rezeption und nach etwas Wasser betteln, was dann irgendwann auch kommt. Dann entdeckt der Kunde, daß es im Zimmer auch kein Badetuch gibt. Während unseres zweiwöchigen Aufenthalts mussten wir dann jeden dritten Tag um ein frisches Tuch betteln. Sinnlos unsere Versicherung gegenüber dem Management, dass wir diese Tücher gewöhnlich nicht klauen! Und dies umso weniger, als die schließlich doch bereitgestellten Tücher einigermaßen abgewetzt aussahen… 
     Und was wünscht sich der Fernsehmacher nach einem langen, heißen Drehtag in Abeokuta? Eine Flasche kühlen Bieres, egal welcher Sorte auch, denn wir deutschen Biertrinker waren es bald leid, zu hören: „Nein, diese Sorte haben wir nicht!“. „Geben Sie uns doch einfach, was sie gerade auf Lager haben!”
     Nach einer endlos langen Wartezeit wird das Bier endlich geliefert und die Flaschen werden auf den Tisch im ersten Stock des Hotels gestellt, und BASTA! Die Kunden müssen also nach unten steigen und um Gläser bitten. Fast hätte ich vergessen: die Kronenkorken sassen noch fest auf den Falschen, weshalb wir jedes Mal den Ober um einen ‘opena’ bitten mussten, worauf jedes Mal wieder die Frage stellte: ‚make I open’em?” 
     In der ersten Woche machte uns diese stereotype Frage noch lachen, in der zweiten Woche aber blieb uns das Lachen in unseren ausgetrockeneten Hälsen stecken. Wir ‚von der grossen Dürre heimgesuchten Teutonen’ wollten einfach nicht einsehen, wieso diese Flaschen nicht jeweils umgehend geöffnet wurden! Irgendwann bedeutete ich dem ‚small-boy’ des Hotels, uns doch diese Frage nicht mehr zu stellen, denn ‚wir Deutschen, die das Bier ja erfunden haben, trinken es auch gerne, anstatt uns die Falschen anzusehen. Deine nigerianischen Landsleute kannst du das ja weiter fragen.“
    Ich bedeutete ihm auch, dass wir Deutschen eben anders als die Nigerianer nicht gleich fünf Mal fünf Flaschen bestellen for show sondern gerade einmal drei kühle Flaschen – “opened kia/kia” oder rasch geöffnet – und dann vielleicht noch einmal drei Flaschen und noch einmal…
     Und könnte Chidi, bitte, bitte, bitte, jeweils fünf Gläser und einen Öffner bereit halten, wenn er uns kommen sieht. Während wir unser teures Equipment in Sicherheit brachten, könne er ja schon mal die Gläser aufstellen, da es ja keine Gefahr gebe, dass ein anderer Gast die “tiefe” oder klaue: wir hatten ja die ganze Etage für uns. Und Sammlerstücke waren die billigen Gläser aus China auch nicht.
     Es nützte alles NICHTS: bis zum Tag unserer Abreise aus Abeokuta mussten wir jeden Tag wieder bitten: um Bier, um Gläser, um einen Öffner. Um eine zweite Runde kühlen Biers. Und würde Chidi, bitte… seine Art von Säuberlichkeit bitte aufgeben… denn wann immer er unsere Zimmer säuberte, pflegte er die Teppichmatte auf die Betten zu legen…

                What would you like to eat?
     War die Frage, die die Damen aus, um die Küche tagtäglich wiederholten, jene Damen, die ständig aus der Küche zur Rezeption hin- und herflitzten, um dort den jüngsten Verzehr auf Zettel in dreifacher Ausfertigung zu notieren, wobei die Küchentür so laut zuschlug, dass selbst die Engel im Yoruba-Himmel geweckt wurden. Doch zur ‚noise pollution’ oder typisch nigerianischen Umwelt-verschmutzung durch Lärm komme ich noch… Da unser ‚Super-Hotel’ keine Speisekarte hatte, mussten wir den Damen aus der Küche jeden Tag wieder erzählen, was wir zu essen wünschten – und WEHE, wenn wire s wagten, einmal nicht im Hotel sondern in einem ‘Cool Spot’ zu essen! Dann wurden wir sofort verbal abgestraft.
     So diktierten wir dann an fast allen dieser 14 Tage unsere Essenswünsche, die dann jeweils zu weniger als der Hälfte erfüllt werden konnten, weil die Leitung stets vergessen hatte, auf dem Markt einzukaufen. Völlig unverständlich war den Damen zudem, dass die seltsamen Weißen darauf bestanden, ‘Tonnen an Grünzeug zu essen’, oder auch rotes Zeug wie Tomaten oder Paprikas. Auf jeden Fall aber Gemüse, das nicht, wie in Nigeria üblich, in irgendeiner ‚soup’ zu Tode gekocht worden war. Bis zum letzten Tag wurde uns ausgehungerten ‚Oyingbos’ dann sorgsam abgezählte onion rings und winzige Scheiben Tomaten serviert, um die wir regelrechte Kämpfe aufführten. Und dies obwohl wir um Lieferung ‚en masse’ baten, wofür wir auch extra zahlen würden.
     Soviel zum Essen. Was nun das Decken des Tisches anging, so gilt hier das zuvor zum Servieren von Bier gesagte. Nur dass man hier wohl das Servieren von Bier als den Erwerb eines gewöhnlichen Schulabschlusses oder WAEC mit dem Erwerb eines Ph.D. oder Doktortitels vergleichen muss. Ich möchte Sie aber nicht mit einer Beschreibung dieses Vorgangs langweilen…ich habe versucht, es den Damen beizubringen, ohne Erfolg, denn Messer und Gabel wurden immer wieder verwechselt, und die Servietten wirkten eher wie einer dieser Fussbälle aus Pappmaché mit denen die Kinder in Abeokuta Fussball spielen.
 
                       “Eat the dust”
     Erzählen muss ich Ihnen aber schon von unseren breakfast im Hotel-‘Garten’. Dieser ‚Garten’ war das, was man in Nigeria einen “Berger Yard”, so benannt nach der deutschen Baufirma Bilfinger und Berger, die Nigeria seit Jahren zu-betonierte. Und in nur drei Meter Entfernung röhrte dort die meiste Zeit ein grosser Generator vor sich hin, weil es aben auch in Abeokuta keine ‚tricity gibt. ator added on top!!! Und damit nicht genug: wann immer wir uns also in diesem ‚Garten’ niederließen, begann unser Freund Chidi, der direkt aus dem nahen Busch in die Hotellerie aufgestiegen war, mit dem “cleaning”, das heißt, et begann sofort eifrigst mit einem Palmwedel den Staub zu fegen… Ich versuchte ihn dazu zu bewegen, statt in unsere ind die andere Richtung zu fegen, besser noch, sein Fegen doch vor unserer Ankunft zu bewerkstelligen, so dass wir nicht wie die biblische Schlange… 

                 “Pay now” and the “Excess”
Die ersten Deutschen, die nach Abeokuta gekommen waren, müssen einen denkbar schlechten Eindruck hinterlassen haben, denn wann immer wir die ersten drei Biere – nach der ‘Durchquerung der Sandwüste von Abeokuta’ - getrunken hatten, pflegten Chidi oder einer seiner Kollegen im Befehlston zu fordern: “pay now!” Obschon bekannt war, dass wir ganze zwei Wochen im Hotel bleiben würden, dass wir nicht die Absicht hegen als Zechpreller abzuhauen, dass wir durchaus bereit waren, einen Vorschuss für einen LKW voller Bier zu zahlen, und dass wir ja zudem einen leibhaftigen nigerianischen NOBEL als Gewährsmann hatten. “So, Chidi, komm nicht nach jeder Runde von drei Flaschen Bier mit ner Rechnung an. Schreib die einfach auf, auch die, die wir beim Esssen trinken, und am Ende zahlen wir die dann alle zusammen. Wir werden auch nicht über die Zahl der konsumierten Flaschen diskutieren! Wir zahlen einfach!”
     Zur Ehrenrettung von Chidi und Kollegen muss ich jedoch festhalten: wann immer wir sie ‘ in Versuchung’ führen wollten, indem wir über-bezahlten, will heißen, ein saftiges Trinkgeld drauflegten, kam die prompte Antwort: ”Sorry, Sir, there is excess!” Schuldigung, Sir, das ist zuviel! Wir versicherte Chidi und Kollegen, sie dürften den EXcESS” behalten.
 
               Ein Hotel ist zum Schlafen da – oder ?
    Nach dem Erlebnis in Abeokuta bin ich nicht länger davon überzeugt, dass Hotels – jedenfalls in Nigeria – zum Schlafen gedacht sind. Lassen Sie mich Ihnen erklären, wie ich zu diesem Schluss gekommen bin.
     Da ist zunächst einmal dieser ‘stand-by’-Generator, der bei jedem Zusammenbruch der Eleketrizitätsversorgung, u d die ist eben häufig, losröhrt. Und wenn dann dein Zimmer in der Nähe ist, dann ist an schlaf nicht mehr zu denken. Gleichzeitig aber musst du dann eine Gasmaske anlegen, gegen die Abgase. Doch in einem dennoch stickig-schwülen Zimmer mit einer Gasmarke zu schlafen, kann man wohl kaum als “luxury tourism” bezeichnen, oder!
     Zweitens: in einem solchen Hotel gibt es immer mindestens zwei oder drei Kunden oder deren Fahrer, die stets noch an den alten Trick des “waking” up des Aufweckens des Wagens glauben, indem sie erst den Motor anwerfen und den dann längere Zeit warmlaufen lassen. In der Annahme, dass dies für den Motor ist, was für den mnschen das Zähneputzen… der Erfolg ist der gleiche wie der des Generators: ‘sleep done die-o!’
     Und drittens: man kann davon ausgehen, dass wenigstens zwei oder drei Nachbarn – jedenfalls an Wochenenden – eine laute Party haben, mit 1. lautstarken Diskussionen und 2. einer Party mit einer live-Band, die pünktlich um Mitternacht zu spielen beginnt und die dann non-stop bis in den frühen Morgen spielt, und 3. einer lautstarken Auseinandersetzung zwischen zwei Männern, wer versucht hat, es mit welcher Dame zu treiben. Ich kann behaupten: nigerianische Hotels sind nicht fürs Schlafen gedacht. Denn selbst wenn der Generator schweigt, keine Auto gestartet wird, keine Party abgeht, dann wird ohne Zweifel einer der dienstbaren Geister des Hotels dein Zimmer mit dem eines anderen Gastes verwechseln, an die Tür klopfen, um dich zu wecken, worum du nicht gebeten hattest, oder dich mitten in der Nacht fragen: “Sir, what did you want for breakfast”. Bei dieser Tour hatte ich vergessen, die Ohrstöpsel der Lufthansa einzupacken.
 
      Das Management hält dies für ein “classy hotel”…
     Ich habe dann meinen Job als Journalist gemacht und einmal nach den Löhnen der Angestellten gefragt – sehr niedrig. Ich habe auch gefragt, ob das Management den Angestellten am Morgen und am Abend Transport anbietet. Die Antwort war: Nein! Und ganz wichtig: wurde einer/eine der Angestellten im Hotelfach ausgebildet? In der Küche oder auch nur in der Kunst des Tischdeckens? Nein ein einziger, sie alle waren lediglich ‚angelernt’ worden. Von wem eigentlich?
     Worauf ich dem Besitzer des Hotels, der einen ganz anderen Beruf ausübt, anbot, seinen Angestellten wenigstens einige ‘tricks of the trade’ beizubringen. Der Mann aber blieb über die zwei Wochen unseres Aufenthalts so verachtungsvoll wie am ersten Tag: wie konnten wir unzivilisierten Weißgesichter es nur wagen, ihm rat anzudienen!
     Nun ist es wichtig zu wissen, dass der Besitzer aus einer der ‘besseren’ Familien Abeokutas stammt, wie e runs wiederholt wissen liess. Der Besitzer wollte uns wohl fühlen lassen, dass die Kunden sein Hotel – wie die meisten in Nigeria übrigens – al seine Art Vorraum zum Fegefeuer ausgewählt hatten, in dem sie für ihre Sünden büssen müssen, die an anderem Orte begangen haben. Und tatsächlich war der Aufenthalt in diesem Hotel ja eine doppelte Strafe: nicht nur muss man zahlen, sondern der gast muss auch noch leiden. Dann aber wird der Gast ohne Zweifel direkt in den Himmel gelangen, wo immer der auch sein mag…
 
       War dies nun einmalig ? KEINESWEGS !!!
     Nach fast vier Jahrzehnten in Nigeria – erst als Student, dann als Journalist – nachdem ich viele Male von Badagry im Süden bis  Maiduguri im Norden, von Calabar bis Sokoto gereist bin, komme ich zu dem Schluss: Nigeria, vergiss alle Träume vom Tourismus, sei der nun lokal oder international. Also, liebe Nigerianer: Tourismus ist weltweit ein riesiges Business, in dem Milliarden von Dollars und Euros umgesetzt werden, mit zig Millionen Reisenden. Und viele Länder selbst in Afrika wissen, wie man dieses Business betreibt: Marokko, Tunesien, Ägypten, Kenya und Tansania, Südafrika, Namibia, Botswana, Lesotho, Swaziland, Senegal und Gambia.
     In diesen Ländern bekommt der Kunde, was die Werbung im verspricht: wirklich! Womit wir jetzt noch zum ‘general environment’ kämen…
     In fast all diesen Ländern gibt es das Visum am Flughafen binnen Minuten. Niemand muss sich dem tage- oder wochenlangen Fegefeuer einer nigerianischen Botschaft im Ausland aussetzen! Und dann kommt der Tourist in einem meist piccobello sauberen, klimatisierten Flughafen in Tunis, Dakar, Nairobi oder Joburg an, wo er zudem nicht von ‘touts’ und ‘Helfern’ belästigt wird. In den meisten Städten trifft er auch neue Busse oder Taxis mit Taxometern.
     Und der Kunde kann dort in Hotels nächtigen, die HOTELS sind, mit gut ausgebildeten und höflichen Mitarbeitern, etwa Rezeptionisten, die man nicht erst hinter der Theke aufwecken muss. In fast allen Hotels bekommt der Kunde sofort nach Betreten der Halle einen welcome drink oder er findet den auf seinem Zimmer, und um Wasser oder ein Handtuch muss der Kunde auch nicht … betteln!
 
     Meine, liebe Kollegen Journalisten, sündigt bitte nicht weiter, indem ihr schreibt, eure Leser belügt: “Nigerias Zukunft ist der Tourismus!” Ihr werdet nicht lange genug leben, um dies noch zu er-leben!
     Und es ist ja nicht nur die “hotel or service culture”, die in Nigeria NICHT existiert – mit gerade einmal ein oder zwei Ausnahmen – es ist die gesamte Umwelt, die dagegen arbeitet, dass Nigeria in absehbarer Zeit auch nur nur ein touristisches Ziel werden könnte.
 
            Ewige Staus, Müllberge und “wahalla” als “Abenteuer-Tourismus”
       Könnt ihr euch vorstellen, ein Tourist sei darauf aus, pro Tag in zig Mammut-Staus zu stecken, um gerade einmal vom Lagoser Flughafen ins EKO-Hotel zu gelangen? Die ganze Zeit in dicken Diesel-Abgasschwaden. Immer in Sichtweite riesiger, stinkender Abfallberge beidseits der Straße. Könnt ihr euch vorstellen, wie ein Tourist es genießt, in einem Stau zu stecken, weil gerade wieder einmal gegen steigende Benzinpreise demonstriert wird, wenn es denn im Ölland Nigeria überhaupt ausreichend… Benzin gibt? Könnt ihr euch vorstellen, wie sehr ein Tourist es genießt, wenn ihn der zigste selbsterklärte Mitarbeiter des Geheimdienstes oder auch nur ein dummer Nationalist befragt: “May I know your mission?” Die meisten Touristen verstehen diese Frage erst gar nicht, ganz einfach deshalb, weil sie keine MISSION, keinen Auftrag nicht haben: die wollen einfach nur sich erholen, in der Sonne liegen, schwimmen und – doch! – ein gutes Hotel genießen !
     In Nigeria läuft der Tourist schnurstracks in diese ‚Mission’-Frage, wann immer er oder sie es auch nur wagt, eine Kamera zu zücken. Der jeweilige Idiot wird dann lauthals verkün den: “You cannot do that in your country!”. Worauf ich dann jeweils antworte: “Komm doch nach Deutschland, und dann kannst du alle Aufnahmen machen, die du nur möchtest!” Und zwar von allen “strategic places” wie Frankfurt Airport, der Hamburger Hafenbrücke oder auch des Kölner Doms. Ganz einfach deshalb, weil wir in Deutschland keine “strategic places” zu haben scheinen…Und wenn ich dann ganz viel Zeit habe, dann erzähle ich diesem Idioten etwas von Satellitenfotographie, wie die Satelliten der USA längst jede letzte Ecke Nigerias abgelichtet haben, bis hin zu den Nummernschildern der lebensgefährlichen Busse und so häufig explodierenden Benzintankern in Lagos, Ibadan, Potiskum and Zaria…
 
           Gibt’s denn garnix Gutes zu berichten ?
      Nun ja, ich habe da eine Stadt entdeckt: ILESHA. Das ist bei weitem die sauberste Stadt im Land, die ich je gesehen habe: keine Auto-Friedhöfe überall, saubere Straßen, und die Leute pflanzen Bäume, Hecken, Blumen vor ihren Häusern und Geschäften. Und die Menschen sind freundlich und ungehetzt. Einige Hotels auf den Hügeln über der Stadt, ein wenig kühler als unten in der Stadt… das wäre es dann fast schon, wenn da nicht die Einreise nach Nigeria wäre, und dann diese Reise von Lagos bis Ilesha. Und auch in Ilesha muss man dann doch noch eine Menge Leute ausbilden in einer In dustrie, die ja andernorts in Afrika boomt und die TOURISMUS heißt, und die von etwas lebt, das man in Nigeria nicht zu kennen scheint: SERVICE !!!
     Aber wie sagte doch ein Yoruba-Freund zu mir: “Weißt du, Gerd, wir Yoruba machen nicht gern diese Art von Job. Wir sollten dafür vielleicht andere Afrikaner beschäftigen.“ Na ja, notfalls muss Nigeria dann eben Mossi aus Burkina importieren, die ja auch die Hotels in der Cote d’Ivoire bemannen und befrauen..