Gerd Meuer mit Nobelpreisträger Wole Soyinka
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Bischöfe vor dem Verdursten retten

     Programme gab’s in den achtziger Jahren, die waren einfach zu schön! So gab es etwa ein Programm der Evangelischen Kirche für Journalisten, mit dem willige Journalisten ‚hinter einer Krise hergeflogen‘ wurden. Die sollten dann ‚anders‘, das heißt, Grundsätzliches jenseits der Katastrophenberichterstattung berichten. Einzige Bedingung war: all expenses paid, aber kein Tagegeld. Der Begleiter zahlte einfach, was auf dem afrikanischen Markt oder bei der Mammy verzehrt wurde, und das war’s. 
     Der von der Kirche gestellte Begleiter aber war ein ‚Kundiger‘, ein Landeskenner. Nein, in einer Gruppe hätte ich nicht reisen wollen, aber man versicherte mir, daß ich mit dem kundigen Theologen allein reisen würde: in das gerade vom Killer Idi Amin befreite Uganda. 
     Wir trafen uns im benachbarten Nairobi, wo der Dr. Theol., der zuvor mal einige Jahre an der Universität Makerere in Kampala gelehrt hatte, einen kleinen zweimotorigen Flieger für uns mietete. Der britische Pilot meinte beim Anflug auf den Flughafen von Entebbe: 
     „Da unten auf dem Flugplatz gibt es keinen Kontrollturm mehr, jedenfalls ist der nicht bemannt; aber wir riskieren nichts, weil Idi Amin weg ist und auch sonst keiner mehr eine funktionierende Kanone hat. Wir gehen da einfach runter.“ 
     Und so ging es tatsächlich problemlos. Wir wurden sogar von einem Kirchenvertreter abgeholt, der zuvor per Funk – die Kirche als funktionierender Staat im Nicht-Staat – von Kenia aus informiert worden war. Und ein einziges Mal in fast
fünf Jahrzehnten reiste ich ohne Paß- und sonstige Kontrollen in ein afrikanisches Land ein, in das kurz zuvor von Idi Amin befreite Uganda. 
     Und dann machten wir die Runden bei den befreiten Ugandern. Untergebracht war ich im Gästehaus der Universität, wo es jeden Tag ein anderes Essen gab: einen Tag Bananen mit Maispampe, den nächsten Tag Maispampe mit Bananen und am driten Tag dann wieder von vorne. Und dazu Wasser aus dem Hahn. Nicht lange, denn bald schon hatte ich meinen eigenen lokalen Drink aufgetan... 
     Zufällig hielten Ugandas katholische Bischöfe gerade auch ihr erstes Treffen nach der Befreiung ab und logierten ebenfalls im Gästehaus der Uni. Gleich beim ersten Treffen im Speisesaal klagten sie, daß es „im Lande nichts mehr zu trinken gebe“ – sie meinten: keine soft drinks wie CoCa und Fanta. Den Männern konnte geholfen werden!  
     Ich lief auf die Straße vor dem Campus der Uni, wo regel
mäßig Teenager mit Schubkarren voller Apfelsinen vorbeifuhren, kaufte eine ganze Karre voll ein, bat den Jungen, die doch zur Kantine der Uni zu schieben. Große Verwunderung beim Kantinenpersonal. Dann meine Bitte, doch Pressen zu organisieren. Und dann machte sich das gesamte Personal daran, frischen Saft zu pressen, in gesäuberte Flaschen zu füllen, und den Saft im Kühlschrank zu ‚chillen‘.
      Bevor die Bischöfe dann abends zum Essen kamen, ließ ich den Saft in Karaffen füllen und ging dann von Tisch zu Tisch, um die Monsignores zu bedienen. Wieder große Verwunderung: Wo ich den denn her hätte, etwa aus dem benachbarten Kenia? Ich: „Nein, aus Uganda, hier aus Makerere!“ 
     Meinte doch ein Bischof: „Da müssen wir wohl anders denken lernen!“ 
     Ihr Chef, aber, Ugandas Kardinal wollte gar nicht anders denken, denn als wir dem am nächsten Tag in seiner Residenz auf einem der Hügel von Kampala einen Besuch abstatteten, bemerkten wir, daß es dort bereits wieder – aus Kenia importiertes - CoCa-Cola gab. Das wurden den beim Oberhirten versammelten katholischen Jugendlichen serviert, doch nicht ohne einen Kanzler-Schmidt’chen Schuß: rasch und dezent nämlich wanderte ein Gehilfe des Kardinals mit einer bräunlichen Flasche herum und gab in jedes Colaglas einen Schuß Cognac hinzu. Dem Kardinal aber war dies nicht gut genug… 
     Rasch fand er heraus, dass ich einmal Katholik gewesen war, um mich dann als Sendboten zu gebrauchen: Ich möge doch bitte nach meiner Rückkehr umgehend bei MISEROR in Aachen vorstellig werden, um dort für die Lieferung eines halben Dutzends Traktoren zu sorgen… wollte der Mann, der übrigens einen gepflegten Mercedes als Dienstwagen fuhr, die zehntausenden arbeitsloser katholischer Jugendlicher noch arbeitsloser machen ???