Gerd Meuer mit Nobelpreisträger Wole Soyinka
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Gérard, t’as bu 372 bières

    Nach einem der vielen Kriege im Tschad machte ich in N’Djamena eine Nachbesichtigung‘. Doch statt im ‚Hotel La Tchadienne‘ wohnte ich dieses Mal bei den Pères Blancs, den Weißen Vätern in der Mission Catholique. Spartanisches Zimmer mit – bei 40 und mehr Grad im Schatten - allein einem Miefquirl an der Decke, dafür wie im NOVOTEL langer Arbeitstisch, und vor allem bestes – katholisches, im Gegensatz zum protestantischen – Missionsessen!
    Und neben der allabendlichen ‚Citronelle‘, einem Gesundheitstee gab es auch das wirklich hervorragende Bier aus dem südtschadischen Moundou, das auch in allen Kriegen ‚wundersamerweise’ stets seinen Weg in die Hauptstadt fand. Die vielen Dutzend Flaschen wurden in einem eigenen riesigen Kühlschrank im Réfectoire auch bei 45 Grad im Schatten angenehm kühl gehalten. Doch die mehrheitlich belgisch-flämischen Pères bedienten sich angesichts ihrer knappen Kasse eher sparsam. Weil meine Gastgeber nicht nur hervorragende Erzähler sondern – nach Jahrzehnten im Tschad – auch beste Informanten waren, wurden sie – getreu dem Bläck-Föss-Song ‚Drenk doch eine met!“ - ALLE zu meinen Gästen. Ich schrieb auf dem DIN-A-Blatt auf der Kühlschranktür einfach an: „La note à payer à ton départ, Gérard. Tu ne vas quand meme pas partir sans...“ Ich würde ja wohl nicht zechprellen!
     Nein, aber ich muss jetzt mal für einige Tage ins Landesinnere, komme dann aber zurück, da geht die Rechnung dann weiter. „Pas de problème, t’es catholique aprés tout!“ Kam nach ein paar Tagen aus der Wüste zurück, latschte mir im heißen, autofreien N’Djamena erneut die Füße ab, und genoß dann allabendlich mit den Pères die kühlen Biere.
     Doch dann kam der Tag der Abreise und der Abrechnung, des Jüngsten Gerichts. „Henk, hoevel moet ik nou betalen? Tu me fais la Douloureuse? Machts du mir die Schmerzensreiche?“ Wie sah denn meine Bierrechnung aus?
     Henk: “Gérard, ca va vraiment faire mal. Das wird weh tun, denn ich habe da jetzt alles in allem 372 (in Worten, d.h., belgischen: trois cent septante deux bières!) Bierchen zusammengezählt.“
     Mir bliebt die Spucke weg: die soll ich wirklich gesoffen haben? Da hätte ich mich doch allabendlich in den Dünen verirrt oder wäre aus dem Kanu in den Chari gefallen!
     Henk aber hatte die Erklärung für die 372 Bierskens: „Weet je wel, Gérard, in deiner Abwesenheit haben einige Pères sich bedient und immer brav ihre Striche auf deiner Rechnung am Frigo gemacht. Stell’s doch den publieke radiodiffusies, deinen Sendern in Rechnung.“
     Nein, das ging dann doch wirklich nicht. Haben wir einfach den Zimmerpreis für meine austere Missionsklause von DM 8,-- pro Tag auf DM 32,-- pro Tag erhöht und schon stimmte die Rechnung wieder.
     Und Henk meinte, das sei ‚bij ons Katholieke‘ eben eine lässliche oder nützliche Lüge, für die onze Heer – angesichts der Entbehrungen hienieden und der ‚anstrengenden Bemühungen um die Seelen der schwarzen Menschen’ - dereinst doch sicher Verständnis haben werde.