Wenn Bürokraten Urlaub „machen“
Nach den Jahren des Reisens auf ARD-Ticket machte ich dann eine schöne und genußreiche Erfahrung mit einem der typischen Neinsager und Verhinderer im Hause Deutsche Welle namens Hanno M. den man nun wirklich beim vollen Namen nennen muss: ein hochgewachsener Mensch, oder besser graue Maus, der sich in seinen endlosen Jahren in der Welle vor allem dadurch auszeichnete, dass er stets wie der jeweilige Dressmann aus den morgendlichen Zeitungsbeilagen für Herrenmode aussah.
Ansonsten aber zeichnete sich der Anbiederer in seinem Verwaltungsjob Nähe Chefredaktion vor allem durch Neinsagen zu allen journalistischen Vorhaben aus. Übrigens: nur beim kurzzeitigen Chefredakteur Conny Ahlers gelang ihm dies nicht. Der nämlich genehmigte all meine Reisen nach dem Prinzip: „Meuer, was kommt dabei fürs Programm raus? Gut, dann reisen Sie mal schön!“ M. hat es nie verwunden und gefiel sich noch Jahre später, als ich bei der Welle gekündigte hatte und er mich in die pauvreté abgesunken wähnte - dabei waren es die schönsten jähre für die ARD! - in mitleidig-huldvoller Attitüde: une vraie ordure.
Der Mann hatte einen ‚verantwortungsvollen’ Job. Der beschäftigte sich offensichtlich unter anderem damit, abgeschlossene Dienstreisen noch einmal vollinhaltlich zu überprüfen. Doch nicht etwa, was da an Sendeminuten herausgekommen – auch diese Erbsenzählerei gab’s ja - war, sondern vielmehr ob die getane Reise auch mit dem Reisenantrag in Einklang stand.
Dieser Revisor-Verschnitt fand dann eines Tages tatsächlich heraus, dass Meuer eine immerhin achtwöchige Nonstop-Westafrika-Reise „einen Tag früher als im Reiseantrag angegeben begonnen“ hätte. Mit erhobenem Zeigefinger und bedeutungsschwer ließ er mich wissen, dass man dem so Erwischten nun einen Urlaubstag streichen werde ‚müsse’.
Ich sah in meinen Reisenotizen nach. Der Mann hatte Recht. Tatsächlich war ich einen Tag früher als ursprünglich beantragt über Paris nach Bamako/Mali geflogen. Es hatte nur diesen Flug ins malische Bamako gegeben. Und da musste ich hin, weil dort noch mein privater PKW von einer früheren Reise stand.
Doch ich beließ es nicht bei dieser Erklärung, denn jetzt ritt mich der Affe gegen das Verhalten von Dressman M. Jetzt listete ich - „der Ehrlichkeit halber“ - geradezu pedantisch all meine bisherigen Reisen auf: alle Samstage, Sonntage, Feiertage, Ostern, Weihnachten, Neujahre, an denen die Kollegen zuhause stets zeitig den Hammer hatten fallen lassen, während ich im Flugzeug hing oder mich über Westafrikas Straßen quälte, recherchierte, Interviews machte, live auf den Sendern der ARD berichtete.
Meine Auftritte in den Sendern waren dort ja bestens belegt. Hinterhältig fügte ich hinzu, wer meine Zeugen für diese Arbeitstage waren: deutsche Botschafter, Rund-Funkdirektoren, Interview-Partner. etc. Jeweils mit Telefon bzw. Telex-Nummer. Die könne er ja „notfalls zwecks Bestätigung kontaktieren“.
Und als Ausgleich für den mir zuvor gestrichenen einen Arbeitstag forderte ich die Maus M. dann auf, mir diese Arbeitstage als so genannte ‚Kompensationstage’ in Form von Urlaub zurückzuerstatten. Kopie an meinen Rechtsanwalt.
„Ob ich das denn wirklich meine?“ Aber sicher doch!
Es wurde dann noch einige Wochen lang hin- und hergehandelt, doch schließlich kamen 127 Arbeitstage zusammen. Nach Auslaufen meines Vertrages mit der ARD ging ich dann voll bezahlt - und wieder Honorar für jeden Beitrag für die ARD einheimsend - ganze neun Monate auf bezahlten Urlaub...
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