Gerd Meuer mit Nobelpreisträger Wole Soyinka
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Ein neuer… Hut

     Oder: Alles unter einem …
     Ich trage die nun fast schon 50 Jahre, diese wunderschönen aus Hirse-Stroh handgeflochtenen, grosskrempigen Hüte aus dem westafrikanischen Sahel. Und da dachte ich mir, dass auch meine süd-badischen Mitbürger doch derart bunt behütet ein wenig lebensfroher aussehen könnten. Und damit die Hut-Flechter in Burkina Faso zudem nicht arbeitslos werden, weil ihr schönes Produkt nicht durch einen Plastik-Hut aus Süd-China auf deutschen Köpfen ersetzt wird.
     Weshalb ich immer mal wieder 50 dieser Hüte bei Katrin Rohdes Waisenhaus-Projekt ampo in Ouagadougou bestelle. 
     Seit einiger Zeit bieten Sabrina, die Tochter meiner Nachbar-Bäurin Marita und gelegentlich ich selbst die Hüte auch auf unserem samstäglichen Bauernmarkt im Schwarzen Wald an. Und über die Woche biete ich die jetzt vor meiner Haustüre an, mit dem kalauerhaften Hinweis:
                           Jeder HAT  (Englisch für Hut…)
                           Ein Uni-KAT 
 

Zwei_Erleuchtete.JPG

     Nicht dass die Hüte reißenden Absatz fänden: dem deutschen Manne und auch der deutschen Frau scheint doch noch ein wenig die courage zum modischen… Mut zu fehlen, aber der eine oder andere Wanderer auf meiner Höhe über Freiburg greift in jüngster Zeit doch schon einmal zu, und auf meinem benachbarten Ziegenhof werden sie auch schon angeboten.
    Und zwei Hüte zieren jetzt die beiden Klassen unserer Grundschule, in der ich jüngst Afrika-Unterricht gab, an dessen Ende die acht- bis zehnjährigen Schüler auch gleich noch stolze E 170,-- für ampo spendeten.
     Hüte aus SCHWARZafrika im SCHWARZwald: alles politisch korrekt also. Zumal der deutsche Zoll sich bei der Bewertung der Hüte großzügig zeigt! Doch das ist ‚eine ganz andere Geschichte…’, wie es bei Monty Python heißt!

Nachsatz 1: Also, alle Badener zögern nun doch nicht. Frau S. aus dem Dorf kommt jetzt wöchentlich, um einen Hut für die Großfamilie oder auch für Freunde zu erwerben (und Katrins Buch hat sie auch schon gelesen!) Die Tage blieb ein Ehepaar stehen, erwarb zwar keinen Hut, legte es aber auf ein Gespräch an. Doch… Burkina war ihnen bekannt, weil ihre Tochter doch bei Katrin ein Praktikum gemacht hat. Sie baten um meinen Schul-Prospekt, denn ich müsse doch unbedingt in der Waldorff um die Ecke unterrichten: wird gemacht!Und eben blieb da ein Ehepaar mit dem Bus breit auf meiner engen Gasse stehen. Papa hatte die Hüte gesehen und wollte auch einen. Wir kommen ins Gespräch und Mama erzählt, dass man in der Schule in Karlsruhe eine Partnerschaft mit Fada N’Gourma habe – das ist ein Ort in Burkina!
                     Die Welt wird täglich kleiner!
Und Eemut, der Kaiserstühler, der wo bei der Nachbarin tag-täglich den Wimbledon mäht, der fährt lustig mit dem Hut aus Burkina seine Runden: für treue Dienste (…) geschenkt. Mir gehen die Hüte langsam aus, weshalb ich mir eben bei Sabrina mal fünf ausgeliehen habe. Ouaga muß dringend nachliefern. Und die ‚Touris aus NRW’, die kaufen regelmäßig

Nachsatz am 29.5.2008: Ouaga hat geliefert, doch vor die Entgegennahme haben die germanischen Götter den ZOLL gesetzt, und das geht so…
Wenn also wieder 50 Hüte in Deutschland eingetroffen sind, flattert mir ein diesbezüglicher Zettel in den Briefkosten: ich solle mich beim Freiburger Zoll einstellen und was … erklären. Ich nehme einen Schluck, hole tief Luft und fahre in die Tullastrasse, präsentiere mein Bladerl. 
    Erste Frage : „Was ist der Warenwert, sagense bloß nicht: die sind nichts wert!“
    Ich: „Doch, die sind, aber ich tuse ja nicht verkaufen.“ 
    Frage: „Was machet Sie dann dadermit?“
    Ich: „Also, ich mache da so Unterricht in Schulen, und wenn die Kinder dann was für ampo spenden, dann bekommen die einen Hut als Dankeschön.“ 
    Kaum habe ich das gesagt, ertönt aus dem offenen Nebenzimmer lauthaus die – weibliche – Aussage: „Das klingt glaubhaft.“
    Ich bin – positiv – überrascht, was mir aber trotzdem wenig hilft, denn jetzt geht die Mühle des Gesetzes trotzdem gnadenlos los:
    „woher kommt die Ware, haben Sie einen Warenschein?“ etc. etc.
    Ich; “Die Ware kommt aus Burkina Faso, aber haben tu ich nichts. Die sitzen da unter einem Baum, stricken diese schönen Hüte und geben die dann an mich auf die Post.“ 
    Antwort: „Ja, do müsse miehr dann emo gucke, was des koschd.“
Das braucht dann Zeit, denn gemächlich gibt der Zollbeamte meine zuvor handschriftlich gemachten Angaben in den Computer – doch! Dan druckt der 5 (in Worten: fünf!) ganze Din-A-Seiten aus, die zusammengeheftet werden und mit denen ich mich dann zur Zahlstelle begeben muss.
     „Desch dauert a weng.“
     Tut es auch, weil die Quittung – sie macht dieses Mal übrigens wirklich E 11,11 ! – handschriftlich und mit Lineal gefertigt ist. Mein Befrager hatte wirklich den Humor zu bemerken: „Desch isch aber e Schnappszahl!“ Und dann hab ich die Dame durch die offene Tür angesprochen und ihr meine Fan-Karte überreicht, „als Dankeschön für das, was Sie da eben gesagt haben.“ 
     Sie: „Was habe ich denn da eben gesagt?“
     Ich: „Ei, das, was ich da gesagt habe, sei glaubhaft.“
     Sie: „Ja, mir habbe bei uns aach so e Vereinischung, die wo so e Projäkt unnerstüzze duht. Kenne Sie des aach?“
     Ich kenn es nicht, belobige die Dame aber.  Aber einen Strohhut durfte ich ihr doch nicht schenken – wäre ja Bestechung einer Beamtin !
Übrigens: ich war da jetzt schon das vierte Mal, doch das Spiel wird jedes Mal wieder so gespielt, das nächste Mal aber vielleicht nicht mehr, falls die glaubensbereite Beamtin dann noch dort im Dienschd iss – dann vergesse ich einfach einen Strohhut bei ihr !!! Und fahr ganz  schnell fott.

Haltestelle verlegt wegen Hutverkauf
Andreas Ittu auf dem samstäglichen Wochenmarkt 

eine begeisterte Käuferin der Bolga-Hüte