Gerd Meuer mit Nobelpreisträger Wole Soyinka
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Heiner Müller „has human condition“

Frühjahr 1990: die Berliner Mauer ist gerade gefallen. Freund Joachim Helbig, früher für Goethe in Kamerun, jetzt im nagelneuen ‚Haus der Kulturen der Welt“ für Theater, Musik etc. zuständig, fragt an, ob ich nicht Wole für eine einwöchige Großveranstaltung mit dem Titel ‚A voyage around…’, eben eine Reise rund um den frischen 1986er Nobel mit-gestalten könne. Ich erinnere Wole daran, er sei ja bereits 1964 einmal in diesem Gebäude, der ‚Pregnant Oyster’ gewesen – damals zusammen mit Langston Hughes, Stephen Spender, Tchicaya U Tams’i, Ezekiel Mphalele, sowie Heinrich Böll und Günther Grass. Und er sagt zu, für gleich eine Woche!
Und er erinnert sich, dass wir damals, drei Jahre nach der Mauer und mitten im warmen ‚Kalten Krieg’ von einer Organisation namens ‚Congress for Cultural Freedom’, ge-wined und ge-dined wurden… Erst später erfuhren wir, dass wir damals auf Kosten einer der vielen Tarnorganisationen der CIA in Saus und Braus gelebt hatten…
Eine Woche langt ‚übt’ Wole zusammen mit den deutschen Jazzern Haberer und Frey sowie unter Anleitung von Al Imfeld auf der Bühne einen Abend ‚Jazz and Poetry’ Zudem gibt es einen Diskussionsabend mit Wole und Heiner Müller. Ich darf moderieren-übersetzen. Muss mächtig übersetzen, denn Müllers Englisch ist eher… approximativ. Wie üblich spricht Heiner kräftig dem von mir - in letzter Minute beschafften - Whiskey zu. Das Foto belegt aber, dass Heiner Wole großzügig abgab! 
Doch nur wenige Minuten ‚into the programme’ meldet sich Heiner dezent zu Wort: “I have a human condition!“ Nun, eine ‚condition humaine’ besonderer Art… Heiner muss einfach mal ‚für kleine Jungs’, verspricht auf Befragen aber, „gleich wieder zurück zu sein.“ Erhebt sich, verlässt die Bühne mit seinem ewigen Zigarillo im Mund. Ich übersetze seine Aussage und der Saal explodiert ‚with laughter’. Doch Heiner ist wenige Minuten später wirklich zurück, kippt Wole das Glas voll, und weiter geht’s in der Diskussion, u.a. über den nach dem ‚Ende der bi-polaren Welt’ gerade in Europa – in Jugoslawien - aufbrechenden ‚Tribalism’. Wole bekennt, dass er ‚sich das mit Vergnügen… mitansehen werde’. 

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Wole Soyinka mit Heiner Müller