Gerd Meuer mit Nobelpreisträger Wole Soyinka
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„ I have written all your books...“
(The full truth about Africa’s first Nobel)

    An einem lauen Sommerabend des Jahres 2001 wandern wir durch die Fußgängerzone von Strassbourg, als sich uns ein pickelnarbiger junger Franzose schüchtern nähert, es dann doch wagt, uns anzusprechen, d.h., er mich anspricht, „ob das denn wirklich Monsieur S. ...“ sei.   
      Ich bejahe, und dann erklärt er schüchtern. 
      „Monsieur Sojinka, j’ai lu tous vos livres, mais je me rappelle pas les titres....“ (Herr Sojinka, ich habe ALL Ihre Bücher gelesen, aber leider erinnere ich mich nicht an die Titel.“)
     Auch gut.

     Gut zwei Jahre später... wir haben gerade spät beim Italiener um die Ecke von der ‚Luisen’ in Berlin-„Harlem“ (=Dahlem) ‚geluncht’, wandern raschen Schrittes und gegen die Kälte vermummt heimwärts zu unserem privaten Quartier bei Freundin Nina, als aus einem diagonalen studentischen Wanderweg der ‚Freien Universität’ ein schwarzer Mensch mit schwerem Bücherrucksack auftaucht, uns erspäht..., dann gegen seine ursprüngliche Richtung zu uns abbiegt, sich rasch an mich, das Weißgesicht heranschleicht, heranpirscht, mich schließlich anspricht: 
    „Monsieur, c’est bien Monsieur Sojinka?“(Monsieur, ist das wohl Monsieur Sojinka?)
     Ich: „Oui, 24 heures par jour.“(Ja, 24 Stunden pro Tag!)
     Er:“ „Est-ce qu’il m’accordera un autographe?“ „Ob er mir wohl ein Autogramm geben würde?)
     Ich: „Pourquoi pas.“ „Ja, warum denn nicht!“)
     Der Student zückt sein Kollegheft und bitte Wole um ein Autogramm, und setzt – mit afro-französischem Akzent - hinzu:     
     „Mister Sojinka I have written all your books...“ 
     “Mister Sojinka, ich habe ALL Ihre Bücher geschrieben!” 
     Wole signiert, wir setzen unsern Heimweg nach Berlin-„Harlem“ fort, bis Wole kurz innehält, tief einatmet und bemerkt: 
     „Now, at long last, I know WHO has written all my books!“ 
    
“Und jetzt weiß ich ENDLICH, wer ALL meine Bücher geschrieben hat!!!“

     Auch der afrikanische Student sprach – wie nahezu alle Weiß-Gesichter – Soyinkas Familiennamen ‚richtig falsch‘ aus. Und weil aus dem französisch-sprechenden Teil Kameruns stammend, verwechselte er „to read“ mit „to write“, also LESEN mit SCHREIBEN: weshalb er Soyinkas Bücher ALLE nicht GELESEN sondern GESCHRIEBEN hatte. 
 
 
… Sieben Jahre später…
 
Ich hole Wole mal wieder am Frankfurter Flughafen ab. Kaum ist er – wie stets als erster – aus der Ankunftstüre heraus, als auch schon ein schwarzer Mitarbeit des Flughafens sich MIR nähert und mir die übliche Frage stellt: 
    „Pardon, Monsieur, ist das nicht Monsieur Soljanka? Ob der mir wohl ein Autogramm gibt?“ 
     Ich bejahe.
     Monsieur Mamadou bittet um etwas Geduld, weil er Stift und Papier besorgen müsse. Kein Problem, weil wir ja im nahen Café einen ersten Rouge trinken möchten. Dann kommt Mamadou wieder und er bekommt sein Autogramm. Wir fahren los in Richtung Bayreuth, und Wole liest – wie üblich – Dutzende von e-mails auf seinem ‚hand-held’.
     Bis ich ihn unterbreche: „Wole, you know that fellow was a fake! Der Typ war ein Aufschneider… Der Typ, der ALL deine Bücher geschrieben hat, den haben wir doch vor sieben Jahren in Berlin getroffen!“
 
     In Bayreuth erzähle ich diese Geschichten einer Gruppe anglophoner Doktoranden aus… Kamerun. Die ömmeln sich mächtig, und in den folgenden Tagen haben die Geschichte ihrer francophonen Landsleute mit fettem französischem Akzent wieder und wieder erzählt…